Kiel: Sonnenschein in der Förde am Sonntagmittag. Die Fähren nach Schweden und Norwegen liegen im Hafen und warten auf die Beladung; große Cruiseliner warten auf ihre Gäste. Dazwischen ein kleines Schiff mit dunklem Rumpf!
Mit 126 m Länge wirkt es wie eine Privatyacht gegen die großen Schiffe, World Voyager – das Expeditionsschiff für 200 Passagiere von Nicko Cruises legt heute Abend ab, um die dänische Hauptstadt Kopenhagen zu erkunden. Anschließend durchfährt es den Nord-Ostsee-Kanal mit westlichem Kurs.
Blauer Himmel, Brokoli und Gefrorenes
Das Eincheckprozedere ist schnell durchlaufen. Notwendig dazu sind ein aktueller negativer Antigentest und Angaben über Impfungen und Gesundheitszustand. Nicko Hochsee ist noch unter den wenigen Reedereien, welche diese Vorschriften haben. Eine Lounge mit Getränken und süßen Leckereien verkürzt die Wartezeit.
Das Gepäck wird bis zur Kabinentür gebracht. Bei blauem Himmel und sommerlichen Temperaturen im September hält die Küche ein schmackhaftes Buffet auf dem Pooldeck bereit. Kulinarisch beginnt die kleine Reise. Brokoli mit Butternote, bis auf den Punkt gegart und excellent gewürzt, danach ein Eis
von der Eistheke mit vielfältiger Auswahl. Auch Soßen und mehrere Toppings können gewählt werden.
Dem Meer ganz nah
Nach der obligatorischen Sicherheitsübung und der ersten Begrüßung durch die Kreuzfahrtleitung im Auditorium gibt es auch schon das Abendessen. Es ist noch warm genug im Außenbereich des Restaurants auf Deck 4, einer der letzten lauen Sommerabende auszukosten. Das Meer ist spürbar nah, die Atmosphäre ruhig. Langsam gleitet das Schiff bei zunehmendem Wellengang auf seinem Kurs daher. Aufmerksam werden bei mehr Windeinfall Decken vom Personal gereicht. Die Auswahl zwischen den Menüs fällt nicht leicht. Zum Abschluss ist ein Käseteller oder ein liebevoll kreierter Nachtisch ein willkommenes Betthupferl. Wer möchte, kann am Vortrag des sich an Bord befindlichen Lektors über Kopenhagen teilnehmen. Expeditionsreisen bieten Informationen und die Möglichkeit für Fragen mit direkter Beantwortung.
Kleine Auszeit
Früh morgens erscheint die große Belt Brücke am orangefarbigen Horizont. Der Morgen erwacht sachte. Das Meer hat sich beruhigt. Der Wellenschlag macht bei offener Balkontür klar, wo man sich befindet. Im Bett, mitten auf der Ostsee. Es ist eindrucksvoll und gleichzeitig beruhigend. Weit weg von dem oft so hektischen Alltag. Mittendrin im Nirgendwo auf Längengrad X und Breitengrad Y. Abschalten fällt leicht. Bis zum Frühstück um 8 Uhr ist noch Zeit. Einfach die Zeit genießen und die Augen wieder schließen.
Für Frühaufsteher gibt es in der Observation Lounge Kaffee, Tee, Croissants usw. ab halb Acht. Es sind nur wenige Leute da. Die Einfahrt in die Ostseestadt beginnt. Mit einem 270 Grad windgeschützten Blick auf die Häuserfront der Straße Langenlinie und einem verlockend duftenden Croissant in der Hand beginnt der Tag.
Ein Ausflug vom Schiff wird angeboten. Ab 10 Uhr fahren Hop on – Hop off Busse am Schiffsanleger vorbei. Ab 25 Euro können Touren zu den Highlights besichtigt werden. Heute sind wir das einzige Schiff im Hafen. Dementsprechend ist es schön ruhig. Zu Fuß sind es ungefähr 2 KM bis in die Innenstadt. Gut und entspannt ist der Weg zu gehen. Parkanlagen, viele Bänke, Statuen bis zum Hafen der Stadt.
Idyllische Cafés und schaukelnde alte Holzsegelboote mit Landesflaggen liegen bei bestem Wetter im Ufer. Nicht weit entfernt lohnt auch ein Abstecher zu den bunten Häuser vom Ny Havn (neuer Hafen). Auf dem Rückweg findet gerade die Wachablösung am königlichen Schloss statt. Die Menschenmenge wird mit Absperrbändern und Polizeieinsatz auf Abstand gehalten. Die Sicht ist gut und das kleine Spektakel am Rokoko-Schloss auf dem 17. Jahrhundert sollte man sich entgehen lassen. Täglich um Punkt 12 starten die königliche Leibgarde die Wachablösung.
Passend zum Mittagsessen an Bord geht es wenig später auf den Zodiacausflug. Knapp 100 Gästen nehmen dieses Mal daran teil. An Bord von Expeditionsschiffen gehören in der Regel mehrere Zodiacs. So hat auch der World Voyager welche an Bord. Das machen die Reisen und Touren mit dem kleinen Schiff
besonders. Wir fahren durch die vielen Kanäle Kopenhagens, wo wir schnell Aufmerksamkeit bekommen. Denn dies gibt es nicht alle Tage zu sehen.
Abenteuer und Entspannung
Um in die Zodiacs zu gelangen, steht Personal der Crew zur Unterstützung bereit. Einzig allein die Treppe hinab ist etwas steil. Aber auch hier bekommt jeder Gast seine benötigte Zeit diese bewältigen. Auf Ausfahrten mit den dickwandigen Schlauchbooten kann auch der ein oder andere Wasserspritzer auf die Bekleidung gelangen.
Aber dies steht im Hintergrund bei den Ausblicken, die dafür gegeben werden. Nach den Ausfahrten erzählen zwei ältere Damen, dass sie ganz stolz auf sich seien, mit 85 und 86 Jahren so ein Abenteuer mitgemacht zu haben. Die persönliche Note machen die Touren mit dem World Voyager eben aus.
Das Galadinner bietet eine vielfältige Auswahl während das Schiff das Auslaufmanöver beginnt und die Häuser von Kopenhagen im Sonnenuntergang immer kleiner werden.
Der nächste Morgen weckt wieder mit Sonnenaufgang auf dem Meer, gegen 11 Uhr reihen wir uns in die Einfahrt zur Schleuse in den Nord-Ostsee Kanal ein. Die Zufahrt nimmt einige Zeit in Anspruch. Bei dem ein oder anderen Getränk und einem Platz auf Deck 7 am Bug des Schiffes lässt es sich gut entspannen.
Wer noch näher dran sein möchte, kann sogar auf Deck 5 zum Bug gehen. Auch dies bieten meist nur kleine Expeditionsschiffe. Die Wege sind kurz, schnell findet man sich zurecht.
Am Nachmittag sind die Liegen am Heck auf Deck 6 bequem während die Landschaft vorbeizieht, Leute am Kanalufer winken und die Brücken unterfahren werden. Auf Deck 5 gibt es ebenfalls einen Außenbereich mit Liegen und Stühlen.
Abends gibt es wieder ein leckeres Essen. Die Koffer werden gepackt, das kleine Abenteuer mit drei Nächten auf dem World Voyager neigt sich dem Ende. Am nächsten Morgen nach dem Frühstücksbuffet geht es ausgeruht und mit neuen Erfahrungen und Eindrücken nach Hause.
Über den Nord-Ostsee-Kanal
Bis 1948 hieß der Kanal Kaiser-Wilhelm-Kanal, es ist die Verbindung zwischen der Nord- und Ostsee. Bei Brunsbüttel mündet der Kanal in die Elbe, dort ist auch eine Schleuse mit einem Hub von 3-4 Meter. Die
Doppelschleusen in Brunsbüttel und Holtenau wurde 1914 fertiggestellt, sie regeln die wechselnden Wasserstände. Auf der Ostseeseite mündet der NOK in die Kieler Förde, hier ist die Tidenunterschied gering.
Der Nord-Ostsee-Kanal ist eine der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraßen für Seeschiffe weltweit. Knapp 100 Kilometer ist die Bundeswasserstrasse lang u.a. führt die Autobahn A2 über den Kanal. Acht Straßen und vier Eisenbahnstrecken überqueren den Kanal. Viele kleine Fähren ermöglichen ebenfalls die Überquerung des NOK. Jedes Jahr nutzen ungefähr 30.000 Schiffe die Abkürzung um ca. 250 Seemeilen, entsprechend 450 km. Bei Rendsburg in Nähe der Eisenbahnbrücke (mit Schwebelift) gibt es eine
Schiffsbegrüßung in der Gaststätte mit Hymne und Flagge.
Fotos: by IDa