Die nachhaltige Schifffahrt gewinnt hinsichtlich der einzuhaltenden Klimaschutzziele immer mehr an Bedeutung. Bereits 2022 durfte ich im Rahmen eines Wirtschaftspraktikums das Unternehmen FRS näher kennenlernen, welches eine große internationale Reederei ist. Mich packte der Ehrgeiz und ich wollte mehr wissen. Wie schafft es das Unternehmen nachhaltig zu agieren? Gelingt dies an jedem Standort? Wie wirken sich aktuelle Krisen auf das nachhaltige Handeln des Unternehmens aus? FRS – ein Interview mit Sabrina Hornig, Corporate Director Fleet Management.
Katharina Friemert: Wie hat sich FRS den Zielen der Nachhaltigkeit verschrieben?
Hornig: “Als Leitung des übergreifenden Flottenmanagements bei FRS lässt sich sagen, dass der Energieverbrauch und die Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle einnehmen und den größten Effekt auf unsere Position in der Schifffahrt haben. Schon sehr früh haben wir uns zum Bau und Betrieb von Solarfähren aus diesem Grund entschlossen – 2011/12 wurde der Bau der Solarfähren begonnen, die wir auch heute noch unter anderem im öffentlichen Nahverkehr in Berlin einsetzen. Zudem sind wir ebenfalls kontinuierlich bei unserer weltweiten und differenzierten Flotte bestrebt, Brennstoff einzusparen und den Energieverbrauch im Betrieb zu senken. Dabei haben wir zunehmend auch von Emissionsvorschriften von außen, die uns betreffen und welche wir als Schiffbetreiber einhalten müssen. Es gibt allerdings große Unterschiede in Bezug auf Schiffsgröße, Schiffstyp im Hinblick auf die zur Anwendung kommenden Emissionsvorschriften. So gibt es zum Beispiel von der International Maritime Organisation (IMO) einige Vorschriften, die unsere weltweiten Seeschiffe ins Auge fassen. Von der EU im Rahmen des “Fit For 55” oder auch „Green Deal“ gibt es auch Vorschriften und dann haben wir darüber hinaus noch weitere, die uns teilweise dann auf nationaler oder regionaler Ebene betreffen und mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Aus dem Nachhaltigkeitsbestreben von FRS haben wir als Unternehmen ein strukturiertes Zero-Emission-Programm im Fleet-Management aufgesetzt, in welchem wir alle unsere technischen, operativen und technologischen Aktivitäten in puncto Nachhaltigkeit unserer Schiffe bündeln. Für jedes einzelne Schiff in unserer Flotte definieren wir dafür eine Roadmap, generieren und sammeln Ideen für verschiedene Maßnahmen und Projekte und widmen uns dann nach einer abgestimmten Priorisierung deren Umsetzung, um weiteren Brennstoff einzusparen und neue Technologien an Bord zu bringen. Durch den sehr vielfältigen Charakter unserer Flotte gibt es da auch keinen One-Fits-All-Ansatz in puncto Nachhaltigkeit, sondern für jedes einzelne Schiff bzw. jede Linie muss ein eigenes Nachhaltigkeitskonzept erstellt werden. Das können dann beispielsweise ein Unterwasseranstrich mit Silikon- oder Graphitfarbe sein, um die Gleiteigenschaften zu verbessern oder auch vermeintlich banale Maßnahmen wie der Ersatz von veralteten Glühbirnen durch energieeffizientere LED-Lampen. Die Komplexität dieser Möglichkeiten nimmt dann immer weiter zu, sodass wir dann beispielsweise über die Nutzung der Abwärme der Motore oder alternative Brennstoffe und Energiequellen wie Bio-Diesel, Methanol, Wasserstoff oder den Einsatz von Solarpanelen oder Batterien an Bord sprechen.”
Katharina Friemert: Wie unterscheidet sich das nachhaltige Agieren von FRS in den unterschiedlichen Regionen der Welt?
Hornig: “Natürlich sind wir mit unserer Unternehmensstruktur und unseren Märkten sehr breit aufgestellt. Da wir in vielen Regionen aktiv vertreten sind, bedeutet dies natürlich auch, dass wir unterschiedlichen Rahmenbedingungen ausgesetzt sind und uns den jeweiligen lokalen Besonderheiten anpassen. Diese Rahmenbedingungen variieren selbstverständlich je nach Region und dem unterschiedlichen Verständnis oder Bedürfnis der Kunden, was das Thema Nachhaltigkeit betrifft. In einigen unserer Märkte spielt dies auch heute schon eine stärkere Rolle. Gerade im öffentlichen Nahverkehr bemerken wir ein sehr stark gestiegenes Interesse der Kunden, die unsere Fähren im Alltag nutzen, auf nachhaltigere oder emissionsfreie Schiffe zu setzen. Zudem haben wir je nach Region wiederum unterschiedliche Emissionsvorschriften. Wie schon in der vorherigen Frage erwähnt, reichen diese dann von internationalen Vorschriften der IMO und EU, über nationale bis hin zu Hafen bezogenen Vorschriften. Darüber hinaus gibt es auch bestimmte ausgewiesene Meeres- oder Gebietszonen, in denen nochmals zusätzliche Vorschriften und Regularien bestehen, was zum Beispiel die Schadstoffemissionen, wie beispielsweise den Schwefelgehalt des verwendeten Brennstoffes angeht. Neben diesen ebenfalls zu beachtenden Regularien haben wir dann aber auch bestimmte natur- und artenschutzbezogene Themen, mit denen wir uns befassen. Als Beispiel lässt sich hier unsere Verbindung mit der FRS Helgoline durch das Weltnaturerbe Wattenmeer anführen, aber auch weitere Verbindungen in besonderen Meeresregionen wie dem „Pacific North West“ in den USA und Canada, wo wir mit FRS Clipper Linienverbindungen sowie Whale Watching Touren anbieten. Dieses Angebot lässt schon vermuten, dass hier der Natur- und Artenschutz eine große Rolle spielt. Diese Region hat unter anderem große Walpopulationen, welche wir berücksichtigen müssen, wenn wir mit unseren Schiffen dann durch dieses Gebiet durchfahren. Schallwerte – also Unterwasserschallwerte und deren Grenzwerte – müssen wir einhalten genauso wie wir bestimmte Zonen – je nach Standort der Walpopulation – bei unserer Routenplanung meiden, um an dieser Stelle eine Kollision mit Meeresbewohnern zu verhindern.”
Katharina Friemert: Wo steht FRS im Ranking der Reedereien bei Nachhaltigkeit und Mobilität?
Hornig: “Das ist eine sehr gute, aber auch schwierig zu beantwortende Frage. Es gibt in der Hinsicht keine öffentlich zugänglichen Datenbanken und Rankings, da die Schifffahrt zu vielfältig ist: Es gibt einfach zu viele unterschiedliche Schiffstypen sowie Schiffsgrößen und Anwendungsgebiete, sodass einheitliche Vergleichskriterien sehr differenziert sind. Wenn man bestrebt ist, sich in Richtung eines Rankings zu orientieren, dann ließe sich dies auf internationaler Ebene für unsere größeren Seeschiffe noch am ehesten betrachten. Hierzu gibt es eine Emissionsvorschrift von der IMO, den Carbon Intensity Indicator (CII), welcher im Grunde genommen wie das Elektroenergieeffizienzranking ist, welches man von Elektrogeräten kennt. So wäre ein A-Ranking das beste und ein E-Ranking das schlechteste. Auf der Skala bewegt man sich dann und wird jährlich nach dem im Schiffsbetrieb emittierten CO2-Ausstoß bewertet. Bei Betrachtung dieses Rankings liegen wir auf einem sehr guten B-Ranking, also im grünen Bereich, und dies auch noch über die nächsten Jahre. Hierbei sind wir natürlich auch bestrebt, das Ranking entsprechend zu halten und liefern kontinuierlich Ideen und Maßnahmen zur Umsetzung nach, um an dieser Stelle auch noch weitere Verbesserungen zu erzielen. So eine Maßnahme kann dann beispielsweise ein Projekt zur effektiven Nutzung von Landstrom sein. Damit wollen wir gewährleisten, dass die Motoren nicht kontinuierlich laufen gelassen werden müssen während der Aufenthalte im Hafen. Dafür nutzen wir dann vorzugsweise eher den Strom vom Land, um dann unsere Bordsysteme während des Aufenthalts im Hafen betreiben zu können. Bei den kleineren Schiffen, die zahlenmäßig den Großteil unserer Flotte ausmachen, wird es schwierig ein Vergleichsranking zwischen den Reedereien zu finden, da es diese genannten Mechanismen der größeren Schiffe schlicht und einfach nicht gibt. Wir waren eine der ersten Reedereien, die sehr früh – vor über 10 Jahren – auf Solarfähren gesetzt hat, die wir bis jetzt noch mit großem Erfolg betreiben. Auch auf weiteren Fähren haben wir auch aktuell Projekte in der Umsetzung bzw. auch kürzlich schon umgesetzt. So haben wir zum Beispiel nachträglich einen Teil unserer Autofähren hybridisiert, das heißt, wir haben zu den konventionellen Dieselmotoren Batterien an Bord installiert, mit denen wir einen Hybridbetrieb oder auch zeitweise einen voll-elektrischen Betrieb gewährleisten können. Bei unseren Binnenschiffen und kleineren Schiffen sehen wir da die Zukunft in der vollen Elektrifizierung und teilweise Hybridisierung der Flotte, weil im Binnenschiffsbereich die besten Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dabei sind wir natürlich darauf angewiesen, dass es technisch umsetzbar und wirtschaftlich ist, denn am Ende des Tages sind wir immer noch ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen.”
Katharina Friemert: Sie sprachen von kleineren und größeren Schiffen. Welche Größenordnung ist das in etwa?
Hornig: “Also wenn ich von größeren bzw. großen Schiffen spreche, kann man sich sehr gut an den Regelwerken der IMO oder der EU orientieren. Die meisten Maßnahmen treffen hier auf Schiffe ab einer Größe von 5000 GT (Gross Tonnage) zu. Unser Schnellkatamaran Skane Jet, der zwischen Saßnitz und Südschweden fährt, ist knapp oberhalb dieser Grenze. Unterhalb dieser Grenze liegen dann beispielsweise der Halunder Jet oder die Syltfähren bei den Seeschiffen – die ordnen wir aus Flottenmanagement-Sicht im mittleren Bereich ein. Zu den kleinen Schiffen zählen wir dann unsere Binnenschiffe wie die der FRS Elbfähre oder der Weiße Flotte.”
Katharina Friemert: Wie wirken sich die aktuellen Krisen durch den Ukraine-Konflikt und die Lage im Nahen Osten auf die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens aus?
Hornig: “Der Nahe Osten betrifft uns zum Glück aus FRS-Sicht nicht, in dieser Region haben wir keine Verbindungen. Der Ukraine-Konflikt tangiert uns allerdings schon und hat gezeigt, dass die langfristige Planbarkeit, auch hinsichtlich der zu berücksichtigen Rahmenbedingungen, bei unserer Nachhaltigkeitsstrategie nicht länger gegeben ist. Durch den Ukraine-Konflikt haben wir massiv schwankende Brennstoffpreise verkraften müssen. Auch die Wirtschaftlichkeitsrechnung für sämtliche Nachhaltigkeitsprojekte, die wir umsetzen wollen oder wollten, wurde uns sehr schwierig gemacht, da unklar war, auf welchen Brennstoffpreis und auch Strompreis jetzt die Rechnung aufzubauen sei. Seit dem Ukraine-Konflikt ist auch die Verfügbarkeit von qualifizierten Seeleuten und Personal nochmal deutlich eingeschränkt. Vorher gab es viele russische und ukrainische Seeleute, auf die wir auch zurückgreifen konnten bei unseren Seeschiffen, was jetzt nur noch bedingt möglich ist. Damit in Verbindung stehen natürlich auch Sanktionsbestimmungen, die wir einhalten müssen. Unsere Lieferketten, was die Teile und Komponentenversorgung von unseren Schiffen angeht, sind natürlich wie vielerorts sehr komplex. An dieser Stelle reden wir dann über Themen wie beispielsweise Exportkontrolle, was natürlich für kleinere und mittelständische Unternehmen – wie uns – mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden ist, um mit den geltenden Sanktionsbestimmungen konform zu sein. Der Ukraine-Konflikt hat uns allen bei der FRS gezeigt, dass die politische Stabilität bei allen Unternehmensentscheidungen eine stärker zu gewichtende Rolle spielt.”